Drei ehemalige Trierer Mewis waren zur von Daniel Reichard moderierten Runde angetreten: Dr. Amelie Duckwitz von der Werbewelt, David Schommer von der Audi AG sowie Martin Eckhardt von KetchumPleon. Nach einer filmischen Einstimmung und einer kurzen Vorstellungsrunde ging es dann auch sogleich ans Eingemachte.
Öffentlichkeitsarbeit in Zeiten von Social Media sei, so Martin Eckhardt, durch „diversifizierte Kanäle“ und einem „ungewohnten Rückkanal“ geprägt, der Angst vor einem Kontrollverlust machen kann. Dabei übernehmen Nutzer die Rolle von Meinungsführern, die früher traditionellen Medien vorbehalten war. Ein Beispiel dafür sei der aufstrebende Social Commerce.
Öffentlichkeitsarbeit in Zeiten des Mitmachnetzes: Wege der Einflussnahme
Amelie Duckwitz brachte eines der wichtigsten Argumente für eine Teilnahme an Social Media auf den Punkt:
Über euch wird im Netz so oder so gesprochen. Über Social Media habt ihr die Möglichkeit, in die Diskussion einzugreifen.
Amelie Duckwitz
Wenn aber Public Relations (PR) im Social Web stattfinden soll, seien einige Herausforderungen anzunehmen. So solle man nicht mehr zwischen den Kanälen trennen und Social Media in medienspezifischer Weise mitdenken. An konkreten Vorschlägen wurden im Laufe der Diskussion folgende Punkte entwickelt:
- „One face to the customer“: Amelie Duckwitz wies darauf hin, dass für den Kunden, der ein Unternehmen von außen beobachtet, das Unternehmen als Einheit wahrgenommen wird und nicht als in unterschiedliche Abteilungen gegliedert. Das bedeutet, dass er eine einheitliche und vor allem widerspruchsfreie Kommunikation erwartet.
- „Content rules“: Martin Eckhardt hob hervor, dass „das Netz über Inhalte funktioniert“ – demnach müsse auch die PR-Kommunikation Inhalte haben. Amelie Duckwitz forderte hier insbesondere Kontinuität – gerade damit hätten jedoch zahlreiche Unternehmen Schwierigkeiten, weil sie sich nicht in die Rolle der NutzerInnen hineinversetzen können und ihre Inhalte für uninteressant hielten. Als rege nachgefragte Content-Arten regte sie Blicke hinter die Kulissen an sowie die Möglichkeit für die NutzerInnen, sich im Rahmen des Crowdsourcing selbst einzubringen.
- „News is a river“: David Schommer regte an, sich darüber Gedanken zu machen, wie man sich als Unternehmen „in den bestehenden Meinungsfluss einbringen“ könne.
Evaluation von Social Media: qualitative Verfahren sind unerlässlich
Die Komplexität von Social Media und die Vielzahl der Kanäle bewirke – darin herrschte unter den Diskussionsteilnehmern weitgehend Einigkeit – spezielle Evaluationsverfahren. Eine Vollerhebung sei unmöglich, und generell sei bei quantitativen Tools Vorsicht geboten. Diese solle man „als einen Baustein sehen“ (Amelie Duckwitz), um etwa die Zahl der Fans und Retweets zu messen, jedoch seien qualitative Auswertungen unerlässlich. David Schommer erwähnte hier die Methode der Inhaltsanalyse, die zwar einen erheblichen Aufwand darstelle, aber gute Erkenntnisse über Konsens und Tonalität der Diskussion zulasse. Bei der Analyse sei es unerlässlich, sich auf die wichtigen Aspekte zu konzentrieren – oft genüge sie nicht wissenschaftlichen Kriterien, sondern basiert auf konkreten Einschätzungen der Experten. „Mit dem daraus resultierenden Halbwissen muss man leben“, betonte Martin Eckhardt und erteilte so endgültig der Social-Media-Vollerhebung eine Absage.
Social Media PR als Berufsziel: Spaß am Netzwerken
Wie es sich für eine berufsvorbereitende Veranstaltung gehört, hatten die Diskussionsteilnehmer eine Reihe von Ratschlägen für angehende PRlerInnen. Amelie Duckwitz regte ein breites Wissen über Netzwerkkommunikation, Journalismus und Medienstrukturen im Allgemeinen an. Wichtig sei zudem, Social Media aktiv zu nutzen und eine große Lust an Kommunikation. Martin Eckhardt beantwortete die Frage, was ihm sein Studium für die Arbeit gebracht habe, mit der Fähigkeit, sich schnell und gründlich in ein Thema einarbeiten zu können und Themen zu selektieren. Dieser „Blick fürs Wesentliche“ ist auch für David Schommer ein kritisches Instrument, um in der Vielzahl der Social Media Orientierung zu finden.
Lizenz: Chat Bubble von Kathleen Donovan, CC BY NC
Zu bedenken sei jedoch auch die große Flexibilität, die der Beruf verlange. So müsse man nach David Schommer 24/7 erreichbar sein, um im Krisenfall reagieren zu können – außerhalb dieser Krisenkommunikation gebe es jedoch auch übliche Arbeitszeiten, wie Martin Eckhardt am Beispiel des Twitterkanals telekom_hilft erläuterte, der täglich um 17 Uhr seine Arbeit beende.
Datenschutz und Abhängigkeit von Facebook: ein Generationenproblem?
Im Anschluss der Veranstaltung gab es wie gewohnt die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Dabei ging es um Datenschutz und die damit verbundenen Vorbehalte. Amelie Duckwitz erläuterte die Wichtigkeit von Daten für eine sinnvolle Analyse und betonte die Bedeutung von Beratung und der Beachtung der Richtlinien des Anbieters. David Schommer wies auf die Trennung von öffentlichen und privaten Daten hin – Monitoring höre immer dort auf, wo private Daten der NutzerInnen betroffen seien. Martin Eckhardt bezeichnete die Datenschutz-Problematik als Generationenproblem – eine These, die mich angesichts von Kruses Untersuchungen unter den Schlagworten der digital residents und der digital immigrants sowie der so unterschiedlichen Ansätze von Datenschutzfreunden wie netzpolitik oder dem Chaos Computer Club und der datenschutzkritischen Spackeria nicht überzeugt.
Wer Peter Kruses Vortrag bei der re:publica 2010 noch nicht gesehen haben sollte, hier ist er: