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Bildliche Darstellung einer Staatstheorie Horst Bredekamp: Visualisierung einer Staatstheorie in Thomas Hobbes' Leviathan

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Tags: BildwissenschaftHorst BredekampKunstwissenschaftLeviathanThomas Hobbes

Der Berliner Kunsthistoriker Horst Bredekamp hat in seinem Werk „Thomas Hobbes Visuelle Strategien. Der Leviathan: Das Urbild des modernen Staates“ aufgezeigt, wie sich eine Theorie in einer Illustration visualisieren lässt. Er wählte als Beispiel die berühmte Staatstheorie, die Thomas Hobbes in seinem „Leviathan“ entwickelt hat. Sie gilt heute als eine der frühesten Grundlagen des modernen Staates. Hintergrund dieses Versuchs ist, dass der Text selbst häufig analysiert worden sei, das Titelbild jedoch sträflich vernachlässigt wurde.

Im Folgenden werden einige der zentralen Punkte hervorgehoben, die Bredekamp herausgearbeitet hat. So kann exemplarisch gezeigt werden, wie sinnvoll es sein kann, ein Thema auch aus visuellen Gesichtspunkten zu betrachten. In späteren Büchern hat Bredekamp diese Idee weitergeführt, auf die jedoch hier nicht eingegangen werden kann.

Die Staatstheorie von Thomas Hobbes

Thomas Hobbes (1588-1679) war ein britischer Philosoph und Staatstheoretiker, der 1651 mit seinem Werk „Leviathan“ eines der zentralen Werke der modernen Staatstheorie veröffentlicht hat. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass seine Theorie auf einigen zentralen Punkten aufbaut:

  • Der Naturzustand ist der Krieg. Das bedeutet, dass sich die Menschen gegenseitig bekämpfen würden, wenn sie dazu die Möglichkeit hätten.
  • Um eine Gesellschaftsform zu schaffen, gründen die Menschen einen Staat. Damit überwinden sie den natürlichen Zustand des Kriegs und können ein geregeltes Leben aufbauen.
  • Bei der Staatsgründung übertragen sie ihre Macht auf einen Souverän. Die Machtübertragung sieht Hobbes als einen Staatsvertrag, den die Mitglieder eines Staates freiwillig, aber unwiderruflich eingehen.
  • Den Staat symbolisiert Hobbes mit dem biblischen Monster Leviathan.

Die Form des Leviathans

Darstellung des Staates als Leviathan bei Thomas Hobbes
Illustration auf dem Buchtitel von Thomas Hobbes' Leviathan

Schaut man sich die Form des Leviathans an, werden bereits einige zentrale Elemente der Theorie klar:

  • Leviathans Körper ist aus mehreren Menschen aufgebaut. So wird klar, dass die Bürger den Staat aus freien Stücken formen, also ihre individuellen Interessen dem kollektiven Staatsinteresse unterordnen. Diesen Vorgang bezeichnet Hobbes als „Vertrag“.
  • Der Leviathan ist eine Art politischer Körper: Wenn man genau schaut, erkennt man die einzelnen Bürger mit ihren unterschiedlichen Berufen; entfernt man sich aber ein wenig, erkennt man nur noch einen einzigen (politischen) Körper.
  • Der Kopf des Leviathans besteht aus einem einzigen Gesicht. Es ist Prinz Charles II., Anwärter auf den britischen Thron.
  • Der Kopf wird als Seele des Leviathans betrachtet, die alle staatlichen Handlungen bestimmt (vgl. Seite 57).

Allerdings haben wir es hier mit einem Widerspruch zwischen dem Körper (= den vielen Bürgern) und dem Kopf (= dem einzelnen Souverän) zu tun. Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen? Hobbes erklärt das Verhältnis zwischen Kopf und Körper des Staats als einen „Sprung auf ein höheres Ziel“ (vgl. Seite 90). Zusammen mit dem Kopf (= dem Souverän) sei der Körper (= die Bürger mit ihrem Staatsvertrag) mehr als die Summe seiner Teile und könne die notwendigen Aufgaben erledigen. Alle Menschen haben demnach ein übergeordnetes Ziel, unter das sie ihre individuellen Interessen unterordnen (das gilt auch für den Souverän selbst).

Der zeitliche Aspekt des Leviathan

Neben dem Aspekt des Staatsvertrags illustriert das Frontmotiv auch die zeitliche Dauer des Staats. Für Thomas Hobbes ist der Leviathan (= Staat) unsterblich. Wie erklärt sich das? Zuerst einmal sollte beachtet werden, dass der Naturzustand des Menschen in Hobbes' Augen der Krieg ist. Das bedeutet: Gäbe es keinen Staat, würden sich die Menschen gegenseitig bekämpfen. Solange es also einen Staat mit einem Souverän gibt, herrscht Frieden. Wie jedoch lässt sich dieser Frieden bewahren, wenn der Souverän stirbt? Genau hier kommt die Figur des Leviathans ins Spiel: er garantiert den Frieden.

  • Der Leviathan wird als „künstlicher Körper“ betrachtet, der nicht sterben kann.
  • Legitimiert wird diese Behauptung mit einer neuen Idee davon, was "Zeit" ist. Zeit ist demnach für Hobbes keine Dauer mehr, sondern eine Abfolge von Momenten.
  • Übertragen auf den Leviathan bedeutet das: die Bürger wiederholen immer wieder den Moment der Kreation des Staates, also das Unterordnen ihrer persönlichen Interessen unter einen Staatsvertrag. So lange sie sich in diesem Punkt einig sind, wird der Staat immer wieder erneuert und kann nicht untergehen (vgl. Seite 107).
  • Diese Anerkennung des Staatsvertrags wird dadurch symbolisiert, dass alle Bürger auf den Kopf des Leviathans schauen (vgl. Seite 106).

Wenn Hobbes jedoch den Staat auf die Grundlage stellt, dass alle Bürger immer wieder seiner Existenz zustimmen, ist er nicht mehr an einen bestimmten Souverän gebunden. Sollte also ein König sterben, kann ein anderer seine Aufgabe übernehmen.

Zugleich erkennen wir hier das moderne Element seiner Staatstheorie: Hobbes legitimiert den Staat nicht mehr, wie es vor seiner Zeit üblich war, mit Religion („Gott möchte, dass X König ist“) oder Tradition („Seit X Jahren ist Familie Y an der Macht“). Der Staat legitimiert sich selbst, weil seine Bürger aus freien Stücken und purer Vernunft heraus einen Staat haben möchten, damit sie ihr Leben führen können.