Vogue la Galère
Jedes Jahr im Oktober beginnt in meinem Viertel eine Kirmes. Um dann nicht mehr aufzuhören. Also quält man sich jeden Tag an den Auswüchsen der Kommerzialität vorbei zur Metro-Station und fragt sich unterwegs, ob man nicht vielleicht doch bei einem der zahlreichen Greifarm-Spielchen mitmachen sollte, um eine PS3 zu gewinnen. Vorausgesetzt natürlich, besagter Greifarm ist mit seinen dünnen – ihr ahnt es - Greifarmen überhaupt in der Lage, eine PS3 hochzuheben und unbeschadet durch den Schlitz fallen zu lassen. Aber nun gut, das ist ein anderes Thema.
Nun bezeichnet man das Croix-Rousse aber gerne als Künstlerviertel, und eben jenen Künstlern ist besagte Kirmes ein Dorn im Auge. Grund genug, um zur groß angelegten Gegenveranstaltung zu blasen: die „Vogue la Galère“. Und eben die ist wiederum Grund genug für ein paar Exil-Deutsche wie mich, sich das ganze Wochenende dort um die Ohren zu schlagen. Just kidding, es waren auch andere Nationalitäten dabei.
Ein Hauch vom Geist des Croix-Rousse...
Wie habe ich meine kurze „Rede“ auf dem Jubiläum meines Faches so betitelt?
„Alles Große in der Welt geschieht nur, weil jemand mehr tut, als er muss“ (Hermann Gmeiner)
Im Croix-Rousse ist dieser jemand der Crieur Public mit seinem „Ministère des Rapports Humains“. Mit einem Haufen Freiwilliger und einem noch größerem Haufen Engagement kann man so schon einmal ein Festival auf die Beine stellen – die vielen Helfer der SommerMewinale wissen, was das bedeutet. Ob es sich lohnt? Ja, ja, und ja... wobei... doch, ja.
Alors approchez, Mesdames et Messieurs!
Ich war noch nie bei Tollwood, aber so in etwa stellt man es sich vor: bunte Markisen über der Bühne; hölzerne Kabelrollen, die zu Tischen umfunktioniert wurden; Menschen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Irgendwo zwischen Kindergeburtstag und Zeitreise in den Summer of Love. Mit unglaublich viel Liebe zum Detail aufgezogen: sogar die Bäume waren eigens mit bunten Leuchtröhren gepimpt.
Der Freitag war ein buntes Potpourri aus Cabaret und HipHop-Konzert. Dass das Ganze trotzdem funktioniert hat, lag am Crieur Publique: Wie einfach es doch ist, unterschiedlichste Programmpunkte zu verbinden, wenn man einfach marktschreierisch als Moderator fungiert. Den Abschluss des Tages bildete dann das phänomenale Set der Lokalmatadorin Carima Amarouche – nur echt mit zwei Human-Beat-Boxes.
Am Samstag dann gab es den großen „concours international de cris d'animaux“. Aufgabe war es, möglichst authentisch (optisch und akustisch) die Schreie von Tieren zu imitieren. So gab es also Millionen Hühner, Katzen, Hunde... und einen Dino (der allerdings als Drache angekündigt wurde, aber man kann ja nicht alles haben). Der Sonntag wiederum brachte orientalisch angehauchte Klänge und das fantastische „Comme c'est beau l'Australie quand il pleut“, irgendwo zwischen Theater, Musical und Situationskomik.
Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wann die nächste „Vogue la Galère“ ist und mich dann rechtzeitig in Lyon einfinden. Wer kommt mit? Weitere Bilder finden sich in meiner Flickr-Galerie.