Nerdcore: Mit Star Wars an den wheels of steel
Wieder so ein Musikthema, das schon seit längerer Zeit auf meiner To-Write-Liste steht: Nerdcore. So, here we go.
Nercore: Zwischen Hornbrillen und Turntables
Der Begriff Nerdcore dürfte den meisten deutschsprachigen Neticens durch René Walters geschätztes Blog bekannt sein, doch bezeichnet er auch ein Subgenre von Hip Hop, das man grob fahrlässig als „Hip Hop von Nerds“ definieren könnte. Grob fahrlässig, weil es zwar eine gewisse thematische Vorliebe für Nerdthemen wie Science Fiction, Fantasy, Computer, Videospiele und Wissenschaft gibt, sich die Musik aber nicht auf diese Themen beschränken lässt. Es ist ein eher schwammiger Begriff: Nerdcore ist Musik von Menschen, die man mehr oder weniger gesichert als Nerds ansehen kann – meist, weil sie sich selbst als Nerds betrachten. Stilistisch ist es vor allem der nicht kommerzielle Hintergrund, der prägend ist: Die meist freie Veröffentlichung der Stücke führt dazu, dass häufig nicht rechtlich gesicherte Samples verwendet werden. Zudem habe ich den Eindruck, dass die Sounds etwas ungewohnter sind als im herkömmlichen Hip Hop – geschult an der eigenen Spielkonsolen-Kindheit.
Nerdcore, jetzt! – Roboterpartys, Spielkonsolen und mehr auf „Nerdcore Now“
Wer jetzt neugierig geworden ist: Vor einigen Wochen erschien die kostenfreie Compilation „Nerdcore Now“ (die B-Seiten gibt's an gleicher Stelle), die auf ihrem 8-bittigem Plattencover mit den Pacman-Geistern sowie den nervigen, weil verwinkelten Vertretern von Tetris-Bauklötzen zwei alte Bekannte aus der eigenen Nerdkindheit enthält. Musikalisch betrachtet sind 21 Stücke zu hören, die einen guten Querschnitt über das Genre geben (wenn man es denn so nennen möchte).
PovertyMan macht auf „Rap Cliche“ augenzwinkernden HipHop („I've been around the block but I still get lost“ oder „My ass hangs out like my pants don't fit“) unterlegt mit Scratches, während Supercommuter auf „Robot Party“ offenbar eine Blockparty von in Vocoder verliebten Hip Hop-Robotern aufgenommen haben. Illbotz' Stück „Give A Little Love“ ist ein echtes Highlight: herzergreifend fröhliche Reime über einem herrlich rohen Beat (und eine coole Referenz an „Gangsta's Paradize“). XoCs „A Seed Grows In Brooklyn“ mischt die Stimme ganz nach vorne (Kopfhörer nehmen, dann wird's intensiver!), so dass mir erst nach mehrmaligem Hören der percussiongetriebene Latin-Beat aufgefallen ist. Und natürlich dürfen Stücke wie Bizarro X-Mens „Character Select“ und Torrentz' „Nerdcore International“ nicht fehlen, die schon beim Lesen der Namen den Nerd heraushängen lassen.
Beefy behauptet in seinem Beitrag, der die Compilation eröffnet: „It's a movement, it's a genre.“ Eine Bewegung ist die junge Musik auf jeden Fall, und es wird spannend sein zu beobachten, in welche Richtung sich die Künstler entwickeln, um ihr Genre stilistisch stärker zu prägen.